Didaktische Ansätze in den ASCOT+-Trainings

Den in ASCOT+ entwickelten Trainings liegen verschiedene didaktische Ansätze zugrunde. Häufig wird in den digitalen Instrumenten zudem Feedback als didaktisches Mittel verwendet. Drei dieser Ansätze stellen wir im Folgenden etwas ausführlicher vor.

Frau sitzt am Laptop in einem Klassenzimmer
© Adobe Stock / NDABCREATIVITY

Der „Cognitive Apprenticeship“-Ansatz, der „Four-Component Instructional Design“-Ansatz sowie das Lernen an Lösungsbeispielen sind didaktische Ansätze, die in den Lehr-Lern-Instrumenten von ASCOT+ angewendet werden.

Der „Cognitive-Apprenticeship“-Ansatz von Collins, Brown und Newman (1987) wird auch als „Kognitive Meisterlehre“ bezeichnet. Dabei ist das Lernen an einen spezifischen Kontext gebunden. Während in der praktischen Ausbildung etwa der Prozess bis zur Herstellung eines Produkts sichtbar ist, bleiben diese Schritte in der theoretischen Ausbildung unsichtbar. Die Idee der kognitiven Meisterlehre ist, dass die unsichtbaren Denkschritte bei der Bearbeitung einer Aufgabe sichtbar gemacht werden, damit diese erkannt, nachvollzogen und schließlich abgespeichert werden können. Der Ansatz umfasst die vier Phasen Modeling, Scaffolding, Fading und Coaching. Die Lernenden sollen so in die Lage versetzt werden, die Arbeitsschritte selbstständig durchzuführen.

Kognitive Meisterlehre umfasst vier Phasen

Zunächst führt die Lehrperson die einzelnen Arbeitsschritte beispielhaft vor (Modeling). Anschließend werden die Lernenden dazu angehalten, die Arbeitsschritte eigenständig durchzuführen, während sie von der Lehrperson dabei unterstützt werden (Scaffolding). Die Unterstützung kann beispielsweise in Form von Feedback oder konkreten Hilfestellungen gegeben werden. Je weiter die Kompetenzen der Lernenden aufgebaut werden, desto stärker reduziert die Lehrperson ihre Unterstützung (Fading). Während des gesamten Prozesses beobachtet die Lehrperson die Lernenden genau, um zielgerichtete Unterstützung bieten zu können (Coaching).  

Die Lernenden sollen so in die Lage versetzt werden, die Arbeitsschritte selbstständig durchzuführen und diese dabei zu reflektieren und bei Bedarf zu korrigieren.

Komplexe kognitive Fähigkeiten trainieren: 4C/ID-Ansatz

Der „Four-Component Instructional Design“-Ansatz (4C/ID-Ansatz) wird verwendet, um komplexe kognitive Fertigkeiten zu trainieren. Diese Methode von Kirschner und van Merriënboer (2019) stellt einen didaktischen Ansatz für problembasiertes Lernen dar. Ziel ist, dass Lernende neu erworbene Kompetenzen auf verschiedene Situationen übertragen können. Entsprechend gestaltete Lehr-Lern-Instrumente beinhalten vier Komponenten: 1) Ganzheitliche, komplexe problembasierte Aufgaben 2) Unterstützende Informationen zur Aufgabenbearbeitung 3) Bedarfsgerechte Hilfestellungen für die Bearbeitung von Routineaufgaben sowie 4) kleinteiligere Übungsaufgaben.

Die Lernaufgaben (erste Komponente) sind die Grundlage für diesen Ansatz. Die Lernenden sollen diese Aufgaben, beispielsweise Fälle, Probleme oder Projekte in einer simulierten oder in einer realen Lernumgebung bearbeiten. Wenn die Lernaufgaben für die Lernenden in ihrer konkreten Berufspraxis relevant und an diese angelehnt sind, können sie als ganzheitlich, authentisch und komplex bezeichnet werden.

Durch solche ganzheitlichen Lernaufgaben wird induktives Lernen ermöglicht. Das heißt, die Kompetenzen der Lernenden werden durch konkrete Erfahrungen in der Lernhandlung selbst gefördert. Damit induktives Lernen gezielt stattfinden kann, sollten die Lernaufgaben untereinander in dem Maße variiert werden, in dem sie auch im beruflichen Setting vorkommen können, und zunehmend komplexer werden. Während des Lernprozesses werden die Lernenden außerdem unterstützt und angeleitet – entweder durch die Lehrperson selbst oder durch externe Materialien wie beispielsweise Arbeitsblätter mit Leitfragen. Schließlich wird die Unterstützung zunehmend reduziert, je weiter die Kompetenzen der Lernenden aufgebaut werden.

Erfordern Lernaufgaben nicht-routinisierbare Fähigkeiten wie etwa Problemlösen oder das Abwägen von Entscheidungen, spielt unterstützende Information (zweite Komponente) eine wichtige Rolle. Die unterstützende Information beschreibt typischerweise, wie Aufgabenbereiche organisiert sind und wie bestimmte Probleme systematisch bearbeitet werden können. Damit werden Verbindungen geschaffen zwischen dem Vorwissen der Lernenden und dem Wissen, das sie benötigen, um die Aufgaben zielgerichtet bearbeiten zu können.

Für Routineaufgaben sind vor allem prozedurale Informationen relevant (dritte Komponente). Prozedurale Informationen geben Auskunft darüber, wie und unter welchen Bedingungen konkrete Routineaspekte einer Aufgabe ausgeführt werden müssen. Idealerweise werden diese Informationen gegeben, während die Lernenden eine Routineaufgabe das erste Mal ausführen; sie sind möglichst verständlich formuliert – beispielsweise in Form einer Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Manche Routineaufgaben müssen in hohem Maße automatisiert erledigt werden, ohne dass die einzelnen Handlungsschritte überdacht werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist die körperliche Untersuchung in der medizinischen Ausbildung, die als Teilaufgabe der Verordnung von Therapien zur täglichen Berufspraxis von Ärztinnen und Ärzten gehört. Um diese Aufgaben zu trainieren, kann es erforderlich sein, auch die Lernaufgaben zunächst in kleine Teilaufgaben zu unterteilen (vierte Komponente). Dadurch können die Teilaufgaben wiederholt geübt und die Regeln des Handlungsablaufs verfestigt werden. Die Aufgaben sollten dabei sinnvoll in den Kontext der Gesamtaufgabe eingebettet werden, um den Lernenden zu vermitteln, wie sie durch das Üben der Routineaufgaben ihre Leistung bei der gesamten Lernaufgabe verbessern können.

Mit Lösungsbeispielen in Themen einführen

Die Verwendung von Lösungsbeispielen dient dazu, in Themen einzuführen, den Lernprozess motivierend zu gestalten und zum Aufbau von Wissensstrukturen beizutragen. Sie lässt sich auch in die erste Phase des oben beschriebenen „Cognitive Apprenticeship“-Ansatzes einordnen oder als unterstützende Informationen in den 4C/ID-Ansatz integrieren. Erläuterungen von Lehr- und Fachpersonal oder auch des Lernenden selbst können die Lernförderlichkeit zusätzlich unterstützen.

Lösungsbeispiele bestehen aus der Beschreibung eines Problems, den dazugehörigen Lösungsschritten und der Lösung selbst.  Wichtige Strategien des Lernens an Lösungsbeispielen sind, mehrere (Fall-)Beispiele einzubinden und die Prinzipien zu verdeutlichen, die den Lösungsschritten zugrunde liegen. Zudem sollten die Lernenden dabei unterstützt werden, die Verknüpfungen zwischen den Lösungsbeispielen und den Prinzipien selbst herzustellen. Damit unterscheiden sie sich von Übungsaufgaben, da bei diesen die Lösungsschritte selbst erarbeitet werden müssen. Der Ansatz des Lernens an Lösungsbeispielen orientiert sich an der Cognitive Load Theory. Dieser Theorie zufolge gehen Lernprozesse mit kognitiver Belastung einher: Je höher die Menge an Informationen, die aufgenommen werden muss, desto höher ist auch die kognitive Belastung und desto anstrengender wird das Lernen empfunden. Entsprechendes Vorwissen um effektive Problemlösestrategien kann dazu beitragen, die kognitive Belastung zu reduzieren.

Durch die vorgegebenen Lösungsschritte wird die kognitive Belastung der Lernenden jedoch bereits so weit reduziert, dass diese sich gänzlich auf das Verstehen der dahinterliegenden Prinzipien konzentrieren können.

Damit eignet sich die Methode „Lernen an Lösungsbeispielen“ besonders für Lernende, die über geringes Vorwissen verfügen. Fortgeschrittene Lernende profitieren dagegen von Übungsaufgaben, da sie über ausreichendes Vorwissen verfügen, um die neuen Informationen effizient verarbeiten zu können.

Beispiele für die Verwendung der Ansätze in ASCOT+

Das Projekt TechKom nutzt den „Cognitive Apprenticeship“-Ansatz sowie Lösungsbeispiele, um das Lernen in der simulierten industrienahen Automatisierungsanlage (SINA) zu unterstützen. In der Lernumgebung können Lernende die fachlichen Handlungen von Expertinnen und Experten nachvollziehen und sie können sich über eine interne Messengerfunktion mit einer simulierten Expertenperson (Chatbot) austauschen. Hierdurch kann der Lernende seine Handlungen reflektieren und Anregungen für den Lösungsprozess erhalten.

DigiDIn-Kfz vermittelt Inhalte, fachliche Konzepte und systematische Diagnosestrategien mit Hilfe von Erklärvideos und Bildschirmaufzeichnungen (Screencasts) und setzt damit gleichermaßen auf den „Cognitive Apprenticeship“- als auch den 4C/ID-Ansatz. Die den Videos nachgelagerten Aufgaben sind unterschiedlich komplex, um Teilaufgaben zunächst üben zu können. Diese können dann aber auch in komplexen Aufgaben eingesetzt werden, was dem 4C/ID-Modell entspricht. Feedback zum Bearbeitungserfolg, adaptive Hilfestellungen bei Misserfolgen sowie die Bereitstellung von Lösungswegen bei mehrmaligem Scheitern folgen dem Prinzip des Coachings nach dem „Cognitive Apprenticeship“-Ansatz.

Die Bürosimulation LUCA Office Simulation des Projekts PSA-Sim orientiert sich ebenfalls am 4C/ID-Ansatz. Die Arbeitsszenarien, die die Lernenden bearbeiten, stellen komplexe Aufgaben dar, für deren Lösung mehrere Teilschritte absolviert werden müssen. Authentische Inhalte sollen dazu anregen, sich mit den Aufgaben auseinanderzusetzen. Hilfestellungen und Informationen unterstützen die Kompetenzentwicklung.  

Das Lernen mit Lösungsbeispielen und beispielbasiertes Lernen wird in vielen digitalen Instrumenten eingesetzt: Sie enthalten sowohl Videos, die berufstypische Situationen zeigen und so in Themen einführen, als auch Tutorials, die eine Handlung anleiten.

Darüber hinaus spiegeln sich in den Lehr-Lern-Instrumenten verschiedene Prinzipien des multimedialen Lernens wider. So können Lerninhalte auf verschiedenen Ebenen dargestellt werden, etwa als Text, Bild, Audio oder Video, was die Informationsverarbeitung auf Seiten der Lernenden unterstützt.

Verwendete Literatur

Collins, A., Brown, J. S., & Holum, A. (1991). Cognitive apprenticeship: Making thinking visible. American educator15(3), 6-11.

Collins, A., Brown, J. S., & Newman, S. E. (1987). Cognitive apprenticeship: teaching the craft of reading, writing, and mathtematics. Center for the Study of Reading Technical Report; no. 403.

Hawelka, B. (2023, 9. März). Cognitive Load – warum Lernen manchmal mühsam ist. Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20230309.DE

Hawelka, B. (2023, 9. Februar). Anfänger sind keine kleinen Experten. Lehrblick – ZHW Uni Regensburg. https://doi.org/10.5283/ZHW.20230209.DE

Renkl, A. (1997). Learning from Worked-Out Examples: A Study on Individual Differences. Cognitive Science, 21(1), 1–29. https://doi.org/10.1207/s15516709cog2101_1

Renkl, A. (2014). Toward an Instructionally Oriented Theory of Example-Based Learning. Cognitive Science, 38(1), 1–37. https://doi.org/10.1111/cogs.12086

Sweller, J., van Merriënboer, J.J.G. & Paas, F.G.W.C. Cognitive Architecture and Instructional Design. Educational Psychology Review 10, 251–296 (1998). https://doi.org/10.1023/A:1022193728205

Van Gog, Tamara et al (2011): Effects of worked examples, example-problem, and problem-example pairs on novices’ learning. Contemporary Educational Psychology 36, 212-218

van Merriënboer, J.J.G. (2019). Das Vier-Komponenten Instructional Design (4C/ID) Modell. In: Niegemann, H., Weinberger, A. (eds) Lernen mit Bildungstechnologien. Springer Reference Psychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54373-3_8-1