Werkstattbericht: Kfz-Gesellenprüfung mit digitalem Videovignettentest

Vom 29. Juni bis 1. Juli 2023 wurde der digitale Test, den das Projekt DigiDIn-Kfz entwickelt hat, zum dritten Mal in einer praktischen Kfz-Gesellenprüfung eingesetzt. Natalia Lohmeyer und Luca Jelic aus dem BIBB durften an einem Prüfungstag dabei sein.

30. Juli 2023, 10.30 Uhr und die Spannung steigt bei den 24 Auszubildenden, die heute den zweiten Teil ihrer Gesellen-Abschlussprüfung für den Beruf des Kfz-Mechatronikers absolvieren. Die Azubis, die an diesem Tag in der Bildungsakademie der Handwerkskammer Region Stuttgart auf ihre Prüfung warten, kommen aus verschiedenen Arbeitsbereichen: Sie lernen in freien Kfz-Werkstätten oder in den Werkstätten markengebundener Autohäuser.

Praktische Prüfung beginnt am Laptop

Der praktische Prüfungstag beginnt für die Auszubildenden am Laptop. Das ASCOT+-Projekt DigiDIn-Kfz hat digitale Videovignetten-Tests vorbereitet, in denen kurze Videoausschnitte mit Reparatursituationen gezeigt werden. Neben den Videos enthalten die Aufgaben auch Dokumente und Unterlagen, wie Fahrzeugschein oder Kundenauftrag. An diesem Tag sind vier digitale Aufgaben von den Prüflingen zu lösen. Diese sind webbasiert und wurden im Vorfeld von der Prüfungskommission der Kfz-Innung Region Stuttgart geprüft. Je nach fachlichem Anspruch werden die Aufgaben unterschiedlich gewichtet. Die Punkte aus dem Videovignettentest fließen in die Gesamtnote der Abschlussprüfung ein.

Nach einer kurzen Einweisung durch einen Prüfer vertiefen sich alle Teilnehmenden in die Aufgaben auf ihren Laptops. Pro Videovignette sind 24 Fragen zu beantworten; nach etwa 40 Minuten ist der letzte Prüfling fertig.

Im Anschluss geht es in die Werkstatträume der Bildungsakademie, wo normalerweise die überbetrieblichen Ausbildungsanteile stattfinden. Für die drei Prüfungstage wurden hier in vier Werkstätten jeweils sechs Prüfungsstationen aufgebaut. An diesem Tag sind acht der insgesamt 32 Prüfer im Einsatz.

An den Stationen müssen die Auszubildenden ihre praktischen Fähigkeiten am Fahrzeug unter Beweis stellen, beispielsweise bei der Reparatur defekter Beleuchtung, einem plötzlichen Druckverlust im Motor oder dem Austausch eines Steuerriemens. Neben Autos mit Verbrennungsmotor gibt es auch ein Elektrofahrzeug.

Digitale Aufgaben sind prozessorientiert und realitätsnah

Ähnliche Aufgaben, wie sie die Auszubildenden an den Fahrzeugen vorfinden, enthält auch der digitale Videovignettentest. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses loben insbesondere die Realitätsnähe der Aufgaben. Diese bildeten den Arbeitsprozess authentisch ab. So, wie er auch in einer reellen Werkstatt – Schritt für Schritt – erfolgen würde.

Dr. Stefan Hartmann aus dem Projekt DigiDIn-Kfz kann dies bestätigen: Auch wissenschaftliche Studien zeigten, dass es eine starke Übereinstimmung zwischen den Leistungen, die an den realen Prüfungsstationen gezeigt werden, und denen im Videovignettentest gibt. Das bedeutet, dass die Reparaturkompetenz bei ähnlichen Herausforderungen gleichbleibend ist – unabhängig davon, ob Aufgaben am Laptop oder an der Prüfungsstation in der Werkstatt gelöst werden müssen.

Digitalisierung der praktischen Prüfung spart Zeit und Personal

Der digitale Test spart wertvolle Zeit in der Werkstatt und bindet weniger Personal. Ein Prüfender kann gleichzeitig 24 Prüflinge betreuen, die am Laptop sitzen, während sich an den Werkstatt-Stationen der Prüfende jeweils nur einem Auszubildenden widmen kann. Die Auswertung der digitalen Tests erfolgt teilweise automatisiert, die ersten Ergebnisse sind kurz darauf als tabellarische Punkteübersicht zu sehen.

Wünsche für die Zukunft: Mehr Digitalisierung, mehr Initiativen für das Handwerksimage

Das ASCOT+-Projekt DigiDIn-Kfz hat die Gesellen-Abschlussprüfung bereits im dritten Durchgang unterstützt. Die ersten Durchgänge fanden 2022 und im Februar 2023 statt. Die anwesenden Vertreter der Kfz-Innung Region Stuttgart hoffen, auch nach Abschluss der ASCOT+-Initiative, weiter mit dem Projektteam zusammenarbeiten zu können. So könnte zukünftig neben dem Videovignettentest auch die Kfz-Simulation zum Einsatz kommen, die DigIDIn-Kfz entwickelt hat.

Die Digitalisierung der praktischen Prüfung war aus Sicht der Praxispartner dringend erforderlich; wünschenswert wäre es auch, mittelfristig eine ganze Prüfstation komplett digital abzubilden.

Ein anderes Anliegen der Innung hat weniger mit der Digitalisierung, sondern mehr mit dem Image von Handwerksberufen zu tun. Hier wünschen sich die Praxispartner mehr Initiativen im Bereich der Berufsorientierung, um Schülerinnen und Schüler frühzeitig auf die Möglichkeiten und Chancen im Handwerk aufmerksam zu machen.

Das BIBB bedankt sich herzlich bei der Kfz-Innung Region Stuttgart und dem Projekt DigiDIn-Kfz für die Möglichkeit, an der Kfz-Abschlussprüfung teilzunehmen.

(Natalia Lohmeyer und Luca Jelic)